Emile Zola, Thérèse Raquin, Inhaltsangabe

Büste auf dem Grab von Emile ZolaThérèse Raquin, so ist der Name der Heldin des Romans des jungen Schriftstellers Émile Zola. Als Zola Thérèse Raquin 1867 veröffentlichte, war er gerade einmal 27 Jahre alt. Das französische und vor allem Pariser Lesepublikum war Skandale gewöhnt. Erst 10 Jahre zuvor gab es in Frankreich mit Madame Bovary von Gustave Flaubert und den Fleurs du Mal von Charles Baudelaire zwei literarische Skandale allerhöchsten Ranges. Die Bedeutsamkeit, die einem derartigen Skandal im Literaturleben zukommt, lässt sich auch daran ablesen, dass das Publikum von Flauberts nachfolgendem Roman, der L’Éducation sentimentale (1869) sehr enttäuscht war, da dieser Roman nicht an die skandalöse Handlung von Madame Bovary anknüpfen konnte. Kurz: ein Skandal war zur Mitte des 19. Jahrhunderts für einen französischen Schriftsteller ein ziemlich sicheres Sprungbrett zum Erfolg.


Bei Zola und seinem Roman Thérèse Raquin von 1867 war das mit dem Skandalerfolg nicht anders. Der Roman erschien im Dezember 1867 in Buchform und schon einen knappen Monat später schrieb der französische Kritiker und Autor Louis Ulbach eine Polemik in Le Figaro, in der er -mit Hinblick auf Zolas Roman, sowie auf den Roman Germinie Lacerteux der Gebrüder Goncourt, in deren Namen seit 1903 der Prix Goncourt vergeben wird, der höchste französische Literaturpreis; sowie La comtesse de Chalis von Ernest Aimé Feydeau- von einer „Littérature putride“ sprach, also einer „modrigen, fauligen Literatur“. (Le Figaro. 23 January 1868).

Ulbach – der mit dem nom de plume Ferragus zeichnet – nimmt vor allem an der expliziten Sexualität des Romans Anstoß, an dem Bild der sexuellen Verworfenheit der Jugend, das der Roman zeichnet und an der Beschreibung sexueller Initiationsriten wie dem folgenden: „c’est à la morgue que les jeunes voyous ont leur première maîtresse.“ Die Verbindung von sexueller Initiation geht im Roman Thérèse Raquin immer mit einer Beschreibung des Morbiden einher. Nach dem Mord an Camille und der Heirate von Thérèse und Laurent haben diese auch konstant das Gefühl, die aufgequollene Wasserleiche von Camille läge zusammen mit ihnen im Ehebett. Mehr dazu unter Punkt 2.

1. Thérèse Raquin, Inhaltsangabe, Handlung, Plot

Zunächst zur Handlung von Thérèse Raquin. Der Roman erzählt die Ereignisse rund um die Hauptfigur Thérèse, die als Stiefkind der Madame Raquin aufgenommen und großgezogen wird. Madame Raquin hat auch einen leiblichen Sohn, den schwächlichen und kränklichen Camille.

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Publicité pour Thérèse Raquin - ca 1877 (via Wikimedia)*

Camille und Thérèse wachsen gemeinsam auf und werden später von Madame Raquin verheiratet. Die Ehe ist glück- und kinderlos. Thérèse zeichnet sich durch eine zunehmende Passivität aus. Später erfährt der Leser jedoch, dass Thérèse hinter der teilnahmslosen Fassade innerlich vor unbefriedigtem Verlangen vergeht.

Als Camille eines Tages seinen Freund Laurent mit ins Haus bringt, entspinnt sich kurze Zeit darauf eine Affäre zwischen Thérèse und Laurent. Die beiden schlafen regelmäßig miteinander im Ehebett von Thérèse und Camille, wenn dieser arbeitet und Madame Raquin, die einen kleinen Laden besitzt, arbeitet. Ihre Affäre bleibt unentdeckt. Als berufliche Ereignisse Laurent die Gelegenheiten nehmen, sich täglich seine Portion Triebabfuhr bei Thérèse abzuholen, sprechen die beiden darüber, Camille umzubringen, damit ihrem Glück nichts mehr im Wege stehe.

Ein Ausflug auf der Seine bietet die Gelegenheit. Laurent packt den überraschten Camille und schmeißt ihn nach kurzem Kampf (in welchem Camille Laurent eine Wunde am Hals zufügt) ins Wasser. Camille kann nicht schwimmen und ertrinkt. Laurent inszeniert alles als einen schrecklichen Unfall. Als Laurent einige Zeit später die tote und aufgequollene Leiche von Camille in der Leichenhalle sieht, brennt sich ihm dieses Bild tief ins Gedächtnis ein.

Nach Ablaufen der Trauerzeit heiraten Laurent und Thérèse schließlich, doch nicht nur will sich das ehemals so wolllüstige Leben wieder einstellen, auch wird ihnen das Eheleben zur Qual. Ihnen beiden ist, als läge die nasse Leiche Camilles mit ihnen im Bett: Alpträume plagen sie und beide sind nervlich am Ende. Die Ehe der beiden ist ein Graus, wird nach außen hin aber als zufrieden und anständig wahrgenommen.

Madame Raquin erleidet einen Schlaganfall und ist seitdem gelähmt. Sie kann sich weder bewegen noch sprechen. Da sie ständig teilnahmslos in der Ecke sitzen muss, lassen die beiden Eheleute ihre Vorsicht fahren und verraten sich selbst in Madame Raquins Gegenwart. Diese durchschaut auf einmal alles, ist aber hilflos und kann die Mörder nicht anzeigen.

Das letzte Viertel des Romans beschreibt den zunehmenden geistigen und moralischen Verfall von Thérèse Raquin und ihrem Mann Laurent. Wie diese alles Erdenkliche versuchen, um sich von der Schuld zu befreien: so fleht Thérèse anfangs um Vergebung, gibt sich dann sexuellen Ausschweifungen mit fremden Männern hin, versucht Ablenkung in der einseitigen Gesellschaft ihrer Nachbarin zu finden, lässt sich ganz verwahrlosen, droht Laurent, zur Polizei zu gehen und beschließt schließlich, Laurent umzubringen. Dieser durchläuft ähnliche Stationen, die ihn aber allesamt nicht von der Erscheinung Camilles Leiche befreien können und so beschließt am Ende auch er, Thérèse zu töten.

Im Augenblick, da beide sich gleichzeitig umbringen wollen, entdecken beide gegenseitig ihren Plan und beschließen in einem Augenblick letzter, intimer Zärtlichkeit, sich selbst das Leben zu nehmen. Beide leeren einen Becher mit Gift und sterben. Die regungslose und starre Madame Raquin blickt bis zum Morgen triumphierend auf die zwei Leichen.

[Fortsetzung dieses mehrteiligen Artikels: Thérèse Raquin, Stil-Analyse.]

Quellennachweise

  1. „The Grave of Emile Zola“, by richpompetti via flickr.com, 25. September 2006 [Lizenz: CC BY-NC-SA 2.0]
  2. „Publicité pour Thérèse Raquin – ca 1877“, via Wikimedia [Lizenz: Public Domain, because copyright has expired)

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