Deutscher Buchpreis 2012: Shortlist

Herbst ist die Jahreszeit der Buchpreise. Der Man Booker Price wird verliehen, der Nobelpreis wird verliehen und auch der Deutsche Buchpreis wird verliehen. Im vergangenen Jahr gewann der Debütant Eugen Ruge mit seinem erfolgreichen Roman In Zeiten des abnehmenden Lichts den Deutschen Buchpreis 2011. Im Jahr 2012 kämpfen erneut sechs Autorinnen und Autoren um den begehrten Preis, der von der Stiftung Börsenverein des Deutschen Buchhandels jedes Jahr zu Beginn der Buchmesse in Frankfurt a.M. vergeben wird. Wie bei den meisten Literaturpreisen (den Nobelpreis ausgenommen) ist auch der Deutsche Buchpreise kein Sack mit Gold: 25.000 Euro beträgt das Preisgeld für den Gewinner. Aber die Absatzzahlen des prämierten Romans gehen danach stets rapide in die Höhe, so dass der Buchpreis insgesamt eine auch finanziell lohnenswerte Einrichtung darstellt. Am 8.10.2012 wird er also verliehen, wir stellen aus diesem Anlass kurz und knapp die sechs Autorinnen und Autoren vor, die noch im Rennen sind.

Damit hat der renommierte Suhrkamp Verlag gleich Titel im Rennen (Ziegler, Thome, Setz), Rowohlt und Beck je einen (Herrndorf bei Rowohlt und Augustin bei Beck) und der noch kleine, österreichische Jung und Jung Verlag ebenfalls einen: Krechel.


Ferner stellt die Shortlist des Deutschen Buchpreises 2012 wieder einen gelungenen Mix aus bekannten und unbekannten Autorinnen und Autoren dar. Mit Ernst Augustin (geb. 1927) hat man einen Veteranen der Deutschen Literatur auf der Liste, der u.a. schon den renommierten Kleist-Preis (1989) gewann. Sein neuer Roman trägt die Genrebezeichnung „Autobiographischer Abenteuerroman“ und erzählt die Geschichte eines namenlosen Helden der eher ein Heimatloser ist, als ein „Robinson“, jemand, der wie der Pikaro auf der Suche nach Freiheit und Sicherheit ist, sie aber nie zu finden scheint. Ob dieser wirre Stoff das Zeug für einen Buchpreis hat bleibt abzuwarten…

Ferner dürfte auf der Shortlist v.a. Wolfgang Herrndorf bekannt sein, dessen Roman Tschick (2010) ein absoluter Bestseller gewesen ist, zudem den Deutschen Jugendliteraturpreis sowie den Clemens-Brentano-Preis gewann und von der Presse durchweg positiv aufgenommen wurde (siehe Perlentaucher). Sein neuer Roman Sand klingt nach einem wilden, ungezügelten Ritt durch verschiedene Genres: Historisches (die Münchner Olympischen Spiele, 1972), Exotisches (Nordafrika-Reisen), Geheimnisvolles (vier Morde und ein Diebstahl), Absurdes (Atomspione…). Möglicherweise ist diese Zügellosigkeit des Erzählens aber auch genau das, was der Deutsche Buchpreis braucht, der in den vergangenen Jahren eher ’solide‘ als ‚mutige‘ Entscheidungen getroffen hat?

Clemens J. Setz ist ein noch junger Autor aus Österreich (Jahrgang 1982), der aber bereits erste literarische Erfolge feiern konnte. Sein Buch Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes gewann im letzten Jahr den Preis der Leipziger Buchmesse. Der neue Roman schildert eine Reihe von Schülern, die an dem titelgebenden Indigo-Syndrom leiden. Tritt man diesen Kindern zu nahe, befällt einen Übelkeit und Kopfschmerz. Rätselhafte Ereignisse ranken sich rund um die Kinder, denen der Held – namensgleich mit dem Autoren – aufzuklären versucht.

Ursula Krechel
(*1947) ist eine Autorin, die ihren Bleistift schon an vielen Genres erprobt hat; sie schrieb Dramen, Lyrikbände, Essayistische Texte, Hörspiele und auch einen Roman. Ihr neuer Roman behandelt ein großes Thema: Die Justiz in der Nachkriegszeit. Vielleicht ist das recht außergewöhnlich, hatten doch die Shortlists der vergangenen Jahre entweder neuzeitlichere Familienromane oder jugendliche Befindlichkeitsstoffe den Ton angegeben…

Der Holsteiner Autor Ulf Erdmann Ziegler (*1959) arbeitete lange Jahre als Kunstkritiker, bevor er sich 2007 mit einem Roman versuchte – und das äußerst erfolgreich, denn sein Roman Hamburger Hochbahn (2007) wurde von der Fachpresse sehr wohlwollend besprochen. Sein neuer, bei Suhrkamp erschienener Roman Nichts Weißes erzählt, laut Verlagsangaben, die Geschichte der jungen Marleen, die sich verliebt – und zwar in die „Welt der Buchstaben“. Das hat vermutlich auch leider die Gestalter von Suhrkamp zu einem scheußlichen Buchcover inspiriert, das aussieht wie Lesetafeln beim Augenarzt. Aber, wie sang schon Bo Diddley? „You Can’t Judge a Book by the Cover“…

Stephan Thome (*1972) ist studierter Sinologie, dessen Romandebütat Grenzgang im Jahr 2009 viel Erfolg hatte. Sein neuer Roman trägt den Titel Fliehkräfte und scheint, wie sein Vorgänger, ebenfalls nicht Thomes Erfahrung in Südostasien zu verarbeiten, wo er seit langem lebt. Vielmehr spielt die Geschichte in Deutschland. Etwas Biographisches transportiert der Roman dann aber doch, da er im akademischen Intellektuellenmillieu spielt, dem auch Thome entstammt. Eine richtiggehende Campus Novel ist der Roman hingegen nicht, auch wenn er in tragikomischen Passagen den Reformzwang des Deutschen Hochschulwesens schildert.

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